Wie der Name Konzelmann
entstanden ist.
Jeder Konzelmann hat einen Konz
zur Vor aussetzung, der sich zu kosendem Konzelin erweitert und durch
das schließlich aufgesetzte -mann eine Form erhält, die einerseits
dem Gewicht eines alten Vollnamens entspricht, andererseits jenen stimmungsvollen
Duft entbindet, der über allen ursprünglich nur für den
intimen Familiengebrauch geformten Namen schwebt. Alle diese auf-mann
ausgehenden schwäbischen Namen waren nämlich zuerst auf der
Lippe einer treusorgenden, liebeatmenden Mutter, also die Heinzel-mann,
Dietelmann, Fritzemann, Ottemann, Lutzmann, Götzmann usw., und es
ist, wenn man sich die Dorfgemeinschaft als eine große Familie vorstellt,
leicht zu begreifen, daß so eine Kinderstubenform auch an dem Jüngling
und Mann hängen bleibt. Denn Konz ist sozusagen nur das kleinere
Format des Konrad und war als Chuonizo schon im Munde der alten Deutschen.
Man könnte die Frage aufwerfen, welche Kräfte den ungeheuren
Auftrieb des seit dem 8. Jahrhundert nachweisbaren Mannsnamens Kuonrat
veranlasst haben; denn dass dieser Vorname schon lange vor dem Auftreten
der Sippennamen zu den verbreitesten und beliebtesten gehört, lehren
die Zeugenlisten zahlloser Urkunden. Bei uns in Schwaben sind es in erster
Linie hagiologische Gesichtspunkte, die dem Namen Kuonrat ein so gewaltiges
Übergewicht verschafft haben: alle Hauptgebiete der heutigen Conzelmann
gehörten zur Diözese Konstanz, wo der hl. Konrad, der wundertätige
Bischof von Konstanz (gestorben 975), der Hauptheilige war. Im ganzen
Schwaben hatte er unzählige Heiligtümer, und so ist es nicht
verwunderlich, dass auf schwäbischem Boden zur Zeit der Sippennamengebung
Konrad schlechthin der verbreiteste Vorname war. Alle die Kurzformen dieses
Namens, die auf der Höhe des Mittelalters vorhanden waren, sind zu
Sippennamen geworden: Kühn, Cohn, Künzle, Kienzel, Kienzle,
Kainz, Kunzi, Kunzmann usw. In zweiter Linie sind es dynastische Einflüsse,
die dem Namen ein starkes Echo auch im Volke verschaffen: zahlreiche weltliche
und geistliche Herren, Fürsten, Könige und Kaiser trugen den
Namen Konrad. Auch die älteste genealogische Schicht des württembergischen
Fürstenhauses hat mehrfach den Namen Konrad. Bevor indes hagiologische
oder dynastische Einflüsse wirksam werden konnten, war es der schon
oben berührte Weltanschauungsgehalt des Namens, der ihn wie einen
Stern emporsteigen und so nachhaltiges Licht verbreiten ließ. In
dem ersten Namenglied steckt nämlich nicht nur unser heutiges »kühn«,
sondern der ganze Komplex der germanischen Mannestugenden: das lehren
uns die lateinischen Übersetzungen von ahd. kuoni, nämlich audax
(verwegen), fortis (stark, männlich, tapfer, mächtig) bellicosus
(kriegerisch, streitbar, »Antwort mit der Waffe erteilend«),
asper (unbändig), acer (scharf, heftig, behend, listig). So schließt
ja auch das zweite Namenglied »rät« nicht nur die Fähigkeiten
klugen Ratgebens in sich, sondern auch die Begriffe Ȇberlegung,
Entschluß, Vorsorge«, ferner die Kunst des Entbehren-könnens
und die Kraft, rechtzeitig von Schädlichem oder Abträglichem
Abstand nehmen zu können. Es gibt nicht viele deutsche Namen, die
eine solche seelischgeistige Vielseitigkeit entfalten, und wenn wir heute
auch nicht mehr mit Sicherheit sagen können, was sich etwa die Zeitgenossen
der fränkischen Konradiner (deren einer im Jahr 911 als Konrad I.
den Kaiserthron bestieg), unter dem Namen Konrad gedacht haben, so ist
doch zweifellos, daß allenthalben im deutschen Bewußtsein
noch etwas von dem Reichtum der mitgeteilten alten Bedeutung mitschwang.
Die Formen Conzelmann, Konzelmann, Cunzelmann, Kunzelmann sind voneinander
zu trennen. Die Schreibungen mit C sind willkürlich. Das wird ja
auch aus dem Umstand ersichtlich, daß z. B. Ebingen und Truchtelfingen
ausschließlich Konzelmann, Tailfmgen dagegen nur Conzelmann hat.
Die Formen Konzelmann/Conzel-mann (mit o) sind die moderneren und entsprechen
der zur Vorherrschaft gelangten Namensform Konrad.
Die Schreibungen mit u (Cunzelmann/Kunzelmann) haben altertümnliche
Prägung, insoferne bei uns in der namengebenden Zeit die Form kunrat,
Chuonrat galt (vgl. das Übergewicht der Kühn, Kuon gegenüber
den Kohn). Und wie nun neben dem Hanselmann, Heinzelmann auch die Hansmann,
Heinzmann stehen, so zweigen überall neben den Kunzelmann/Konzelmann
auch die Kunzmann. Der Grund der Differenzierung der zu Sippennamen gewordenen
Vornamen liegt meist in dem Umstand, daß Vater und Sohn denselben
Vornamen haben. Der Name des Sohnes wird dann in der Regel verkoßt,
d. h. wenn der Vater Konrad hieß, so lief der Sohn als Kunz. Wenn
der Vater Kunz hieß, so nannte man den Junior Künzle, Kienzel.
Wo schon der Vater Künzle war, wurde der Sohn ein Kunzelmann. Diese
ganze Art der Namensgebung ist spezifisch oberdeutsch, im besonderen alemannisch-schwäbisch.
In diesem Räume ballten sich auch die Träger dieser Sippennamen
zusammen, d. h. sie werden schon im Fränkischen spärlicher und
nehmen dann gegen Mittel- und Norddeutschland hin reißend ab. Einzelheiten
ergeben sich aus der beigefügten Namenstatistik, die allerdings nur
auf den schwäbischen Raum näher eingeht. Die Schreibungen mit
u (Cunzelmann/Kunzelmann) haben altertümnliche Prägung, insoferne
bei uns in der namengebenden Zeit die Form kunrat, Chuonrat galt (vgl.
das Übergewicht der Kühn, Kuon gegenüber den Kohn). Und
wie nun neben dem Hanselmann, Heinzelmann auch die Hansmann, Heinzmann
stehen, so zweigen überall neben den Kunzelmann/Konzelmann auch die
Kunzmann.
Wenn die Frage aufgeworfen wird, ob man denn auch ganz gewiß weiß,
daß der Conzelmann oder Kunzelmann ein Konrad ist, so läßt
man am besten Urkunden sprechen. 1292 ist am Oberrhein ein Kuenzelmann
von Ufflieim (im Oberelsaß), der 1294 Conrat de U/heim, 1299 wieder
Chunzelmann von Uflieim heißt. In den Belegreihen sind sodann die
Beispiele auffallend zahlreich, daß ein Kunzelmann den Vornamen
Konrat oder Kunz hat. Dieser Umstand zeigt uns dann, daß in dem
betreffenden Geschlecht der Name Konrat seit alters Leitname ist, so daß
er als Vorname vielfach auch dann noch beibehalten oder bevorzugt wird,
nachdem längst die Kurz- und Koseform dieses Vornamens (also Kunzelmann)
Sippenname geworden ist.
Endlich sei noch bemerkt, daß die Schreibungen mit o (Conzelmann/Konzelmann)
die jüngeren sind. Solange das u in altem Kuonrat noch stark artikuliert
wurde, mußten die Koseformen natürlich Ku(o)nz, Kunzmann, Kunzelmann
lauten. Daß sich die Conzelmann/Konzelmann auf der Ebinger Alb so
auffällig zusammenballen (Ebingen mit 34 Konzelmann, Truchtelfingen
mit 41 Konzelmann, Tailfingen mit 231 Conzelmann, Onstmettingen mit 22
Conzelmann), kann kaum einen ändern Grund haben, als daß dort
einige außerordentlich lebenstüchtige Sippen ansässig
blieben und sich nur in der nächsten Nähe ausbreiteten. Einen
geschichtlichen Grund könnte ich wenigstens nicht finden, denn in
alter Zeit sind dort die Kunzelmann nicht zahlreicher als anderwärts.
Schließlich sei noch bemerkt, daß sich auch für die Conzelmann
in alten Urkunden notwendig die Form Kunzelmann einstellen muß.
Die Festlegung auf die Schreibung Conzelmann dürfte in das 15. Jahrhundert
fallen.
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